„Ich habe zwar noch nie gearbeitet, aber 85k wären schon nett.“

Realistische Gehaltsvorstellungen versus Wunschdenken im Recruiting-Alltag

Willkommen im Jahr 2025 – einer Zeit, in der Bewerbungen manchmal klingen wie Wunschzettel ans Universum. Gerade beim Thema Gehalt erleben wir als Personalberatung immer wieder ein bemerkenswertes Spannungsfeld zwischen gesundem Selbstbewusstsein und völliger Realitätsferne.

Natürlich ist es gut und wichtig, dass junge Talente selbstbewusst auftreten und ihre Vorstellungen formulieren. Jede Generation bringt neue Werte, andere Prioritäten und eigene Maßstäbe mit. Aber: Gehaltswünsche sollten in Relation zur Erfahrung, zur Rolle und zur Marktsituation stehen.

Wunschgehalt versus Marktwert: Wo verläuft die Grenze?

In vielen Fällen wird bei Einstiegsgesprächen ein Gehalt genannt, das eher auf Gefühl als auf Fakten basiert. Aussagen wie „Ich habe gehört, bei XY verdient man das auch“ oder „Das wäre mein Wunsch, weil ich mich sonst unter Wert verkauft fühle“ sind an der Tagesordnung.

Dabei gilt: Ein gesundes Maß an Anspruch ist kein Problem, solange es mit realistischen Einschätzungen von Fähigkeiten, Verantwortung und Marktniveau einhergeht.

Doch was passiert, wenn sich diese Waage verschiebt? Wenn Anspruch und tatsächliche Qualifikation in keinem Verhältnis mehr stehen?

Dann entsteht das, was wir in der Praxis immer häufiger beobachten: Gehaltsvorstellungen, die weder zur Branche noch zur Rolle noch zum Erfahrungslevel passen.

Unser Blick aus der Personalberatung

Unsere Erfahrung aus vielen Gesprächen: Wer ausschließlich wegen des Gehalts wechselt, wird auch ausschließlich wegen des Gehalts wieder gehen.

Denn ein hohes Gehalt kann auf Dauer keine fehlende Entwicklungsperspektive, kein schwieriges Team und keinen kulturellen Mismatch kompensieren. Es mag kurzfristig motivieren, aber es bindet nicht.

Umgekehrt erleben wir immer wieder, wie sinnvoll geführte Gehaltsgespräche – mit Offenheit auf beiden Seiten – ein echtes Matching möglich machen. Dabei geht es nicht darum, Bewerberinnen und Bewerber kleinzureden. Sondern um das ehrliche Einordnen der eigenen Position im Unternehmen und im Markt.

Was wir uns für 2025 wünschen: mehr Dialog, weniger Illusion

Personalverantwortliche sollten offen bleiben für berechtigte Ansprüche, aber ebenso klar kommunizieren, wo die Grenzen liegen.

Einsteigerinnen und Einsteiger dürfen selbstbewusst auftreten, sollten aber auch verstehen, wie sich Gehälter zusammensetzen und welche Rolle Erfahrung, Verantwortung und unternehmerischer Kontext spielen.

Denn nur wenn beide Seiten ehrlich in den Dialog gehen, entsteht das, was Recruiting heute braucht: eine Entscheidung mit Substanz und nicht nur ein Deal auf Zeit.

Fazit

Realistische Gehaltsgespräche sind kein Widerspruch zu Wertschätzung. Im Gegenteil: Sie schaffen Klarheit, Vertrauen und langfristige Bindung.